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Der kulturpolitische Wochenreport (27. KW) vom Deutschen Kulturrat

VDMD News | 3. Juli 2020

Heute trifft sich der Deutsche Bundestag zu seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause. Gestern haben die Abgeordneten den Weg für drei wichtige Vorhaben freigemacht, die der Deutsche Kulturrat gefordert und intensiv begleitet hat.

1. NEUSTART KULTUR

Mit der Verabschiedung des Nachtragshaushalts gestern im Deutschen Bundestag sind nun die Weichen für eine deutliche Unterstützung des Kulturbereiches gestellt. Wir sind froh, dass unsere Forderung nach einem Kulturinfrastrukturfonds mit der Einrichtung von „NEUSTART KULTUR“ aufgenommen wurde.

1.000.000.000 Euro stehen jetzt zusätzlich zu den anderen Förderungen, die auch vom Kulturbereich genutzt werden können, zur Stärkung der kulturellen Infrastruktur zur Verfügung. Nun kommt es darauf an, dass die Mittel schnell und gezielt vergeben werden. Wichtig wird sein, dass die Kulturinfrastruktur nachhaltig gesichert wird, damit wieder Aufträge an Künstlerinnen und Künstler sowie Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft vergeben werden.

2. GRUNDRENTE

Mit der Verabschiedung des Grundrentengesetzes wurde ein wichtiger Schritt zu einer höheren Rente auch für abhängig Beschäftigte und freiberufliche Künstlerinnen und Künstler, die nur ein geringes Einkommen erzielen, gemacht. Denn sowohl abhängig Beschäftigte im Kultur- und Medienbereich als auch freiberufliche Künstlerinnen und Künstler, die über die Künstlersozialversicherung in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen sind, haben in vielen Fällen ein unterdurchschnittliches Einkommen. Einen aktuellen Einblick in die Situation finden Sie in unserer letzte Woche erschienen Studie "Frauen und Männer im Kulturmarkt: Bericht zur wirtschaftlichen und sozialen Lage".

3. ÜBERBRÜCKUNGSHILFEN

Ebenfalls wurde vom Deutschen Bundestag beschlossen, die Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen sowie Solo-Selbständige, die besonders von der Corona-Pandemie betroffen sind, fortzuführen. Die Zuschüsse können bis Ende August beantragt werden. Insgesamt stehen für die Überbrückungshilfe 25 Milliarden Euro zur Verfügung. Die Federführung liegt beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Die Mittelvergabe findet wiederum über die Länder statt.

Die an sich gute Maßnahme, an der auch gemeinnützige Organisationen partizipieren können, hat allerdings mehrere Pferdefüße. Nach wie vor ist es nicht möglich, dass ein fiktiver Unternehmerlohn beispielsweise in Höhe von 1.000 Euro bezuschusst wird. Das bedeutet, dass Solo-Selbständige anders als andere Unternehmer, die bei sich angestellt sind und für sich selbst Kurzarbeitergeld beantragen können, keine Unterstützung zum Lebensunterhalt haben. Das ist im Vergleich zu anderen Unternehmern eine Schlechterstellung von Solo-Selbständigen, die ohnehin sehr oft nur geringe Einkommen erzielen. Ein weiteres Problem ist, dass das Antragsverfahren durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer erfolgen muss. Nur Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer können die Mittel über eine digitale Schnittstelle für ihre Mandaten beantragen. Dieses Verfahren schließt viele Solo-Selbständige und kleine Unternehmen, die keinen Steuerberater beauftragen, von vornherein von der Antragstellung aus. Auch dieses ist ein klarer Wettbewerbsnachteil für Unternehmen und Solo-Selbständige. Es werden gerade jene ausgeschlossen, die die Hilfen besonders dringend benötigen.

Diese Maßnahme des Bundeswirtschaftsministeriums ist gut gedacht, aber schlecht gemacht. Der an sich gute Ansatz der Fortführung von Überbrückungshilfen wird durch die Umsetzung konterkariert. Viele Solo-Selbständige und kleine Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft werden von den neuen Überbrückungshilfen wahrscheinlich nichts haben. Hier besteht dringender Nachbesserungsbedarf.

LÄNDER

Daneben haben die Länder spezifische Kulturförderprogramme aufgelegt. Diese Woche gab NRW bekannt,185 Millionen Euro zusätzlich für den Kulturbereich zur Verfügung zu stellen. Bayern hat einen Kultur-Rettungsschirm von 210 Millionen Euro, Baden-Württemberg hat ein Maßnahmepaket in Höhe von 200 Millionen Euro aufgelegt. Und auch die anderen Länder stellen jeweils für Künstlerinnen und Künstler, die im jeweiligen Land leben, sowie für Kultureinrichtungen, -wirtschaft und -vereine Mittel zur Verfügung. Es ist sehr gut, dass die Länder ihre kulturpolitische Verantwortung jetzt beherzter annehmen. Eine aktuelle Übersicht finden Sie hier.

Auch der kulturpolitische Wochenreport macht jetzt, wie der Deutsche Bundestag, eine Sommerpause. Wir kommen Anfang Augst wieder. Ich wünsche Ihnen eine schöne Sommerzeit und bleiben Sie gesund.

Ihr

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates

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